Im Wuppertaler Swane Café, einem alternativen Laden, sollte am 02.03.17 eine Diskussionsveranstaltung mit allen Landtagskandidat*innen stattfinden. Auch die AfD war eingeladen. Der Protest von zahlreichen Teilnehmer*innen führte schließlich zum Abbruch der Veranstaltung. Ein Bericht des AK Antifaschismus Hagen.
Das Konzept der Veranstaltung sah vor, dass Tische mit dem Namen und der Partei der Kandidat*innen versehen werden und die interessierten Bürger*innen mit den verschiedenen Parteien ins Gespräch kommen sollten. Die Grundannahme „Demokratie ist wenn alle miteinander reden“ gestaltet sich jedoch im aktuellen politischen Geschehen als falsche Analyse. Wo wird in einer Demokratie, nach dieser Annahme, die Grenze gezogen mit welchen Parteien noch das Gespräch geführt wird? Bei Politiker*innen der „demokratischen“ Partei „Die Rechte“ oder bei der laut Verfassungsgericht „demokratiefeindlichen“ aber unbedeutenden NPD? Und wenn dies nicht die Grenze ist, lässt die Veranstalterin dann auch Holocaustleugnung und Vernichtungsphantasien zu und toleriert die parteilich institutionalisierte Menschenfeindlichkeit als legitimen demokratischen Ausdruck?
Das Problem bei diesem angedachten Konzept liegt auf der einen Seite darin, dass die Politiker*innen der AfD aufgrund ihres weitgehend geschlossenen rechten Weltbildes Fakten und Argumenten Andersdenkender nicht offen gegenüber stehen und daher nicht vom „besseren Argument“ zu überzeugen sind. Auf der anderen Seite zeigt sich die Schwäche im Aufbau der Veranstaltung, da die beiden Politiker Knoche und Beucker (beide AfD), den Bürger*innen jede Lüge erzählen können – ohne Moderation, die diese entlarven oder hinterfragen könnte. Im Rahmen dieser Veranstaltung hätte die Möglichkeit bestanden, dass sie bisherige Äußerungen der Partei relativieren oder sich von ihnen distanzieren könnten, um jedoch beider nächsten Parteiveranstaltung unverblümt die gleichen menschenverachtenden, rückschrittlichen und konservativen Forderungen zu stellen.
Bei einem Blick in das geleakte Positionspapier der AfD fällt auf, dass das Konzept dieser Veranstaltung der AfD sehr zu Gute kommt. So will die Partei im Wahlkampf nicht mit Aussagen provozieren, welche nicht dem Mainstream entsprechen, sieht es aber als wichtig an, sich dennoch nicht von problematischen Aussagen öffentlich zu distanzieren. Der öffentliche Diskurs dieser Partei ist vorerst genug nach rechts verschoben worden und nun will die AfD unter Beihilfe diverser Politik- und Wahlveranstaltungen, zu denen sie immer wieder als „demokratische Partei“ eingeladen werden, als Plattform nutzen um weitere Wähler*innen zu gewinnen. Radikalisieren kann sich die eigene Position aus AfD-Sicht auch später noch.
Diskussionsveranstaltunge nmit der AfD sind die Plattform über welche sie sich produzieren können und an medialer Größe entsprechend gewonnen haben. Es gibt gute Rhetoriker*innen, welchen es gelingt die Partei vor aller Augen zu entzaubern, dennoch hatte dies bisher auf eine Vielzahl der Wähler*innen keinen nachhaltigen Einfluss. Die AfD zeigt sich inzwischen bereits beim flüchtigen Hinsehen als menschenfeindliche Partei. Eine weitere gute Kritik an der Veranstaltung aus den Reihen der Bergischen VHS, mit dem Fokus auf dem Konzept, verlinken wir hier.
Trotz mehrfachen, auch privaten, Einwirkens auf die Veranstalterin gelang es nicht sie dazu zu überzeugen die AfD auszuladen. Die Veranstalterin beschloss vielmehr in „deutscher“ Form dem „Protest“ eine halbe Stunde Zeit (19:30-20:00) zu geben, um darüber zu diskutieren. Das Ergebnis einer solchen Diskussion war von vornherein vorgezeichnet gewesen und das erklärte Ziel der AfD, sich als demokratisch legitime Partei auch im öffentlichen Bild weiterhin zu etablieren, damit ein Stück näher gerückt. Die AfD ist und wird niemals ein Diskussionspartner für uns sein.
Die Geschehnisse rund um die Veranstaltung wollen wir an dieser Stelle kurz wiedergeben, da in der medialen Berichterstattung teilweise Vorfälle überspitzt oder in einen falschen Bezug gesetzt wurden.
Die Veranstaltung war mit vielen Protestler*innen besucht, welche im Verlaufe der gestatteten halben Stunde Diskussion viele gute und spontane Redebeiträge hielten in denen u.a. auch betont wurde, dass es in Wuppertal, insbesondere im alternativen Luisenviertel, kein Platz für Rassist*innen gibt. Die kritischen Redebeiträge mussten jedoch ohne technische Unterstützung gehalten werden, da das einzige Mikrophon der Veranstalterin vorbehalten war. Hierdurch entstand eine Wertung gegenüber der vorgetragenen Inhalte, die sich auch darin äußerte, das einem Protestler das Mikrophon rabiat entrissen wurde, als dieser Kritik an dem mit der AfD geführten Dialog äußerte.
Kritik an dem gebotenen Forum kam u.a. auch von einer Aktivistin von „Welcome 2 Wuppertal“. Sie lehnte eine Diskussion mit der AfD entschieden ab und betonte die realen Folgen der politischen Forderungen der AfD –mehrfache Asylrechtsverschärfungen, Aussetzung der Dublin Abkommen, etc. – so wie die populistischen Äußerungen der AfD und ihren Auswirkungen auf die restliche Parteienlandschaft. Außerdem wurde das Gedicht „Küsst die Faschisten“ (eigentlich „Rosen auf dem Weg gestreut“) von einigen Menschen vorgetragen.
Doch nicht nur inhaltlich fand eine Auseinandersetzung mit der Veranstaltung statt, auch auf kreativer Ebene wurde der Protest gegen die auftretenden AfD-Politiker gezeigt. So wurde das haarlose Haupt eines AfD-Politikers mit Luftschlangenspray verschönert. Dies wurde jedoch als gewalttätiger Übergriff ausgelegt und endete in einem 60-köpfigen Polizeiaufgebot und Beendigung der Veranstaltung.
Im Nachgang zu der Veranstaltung erklärte Knoche (AfD), dass er es schade fände, dass diese Diskussion wegen „einiger Weniger“ nicht möglich sei. Tatsächlich jedoch war knapp die Hälfte der 150 anwesenden Personen Protestler*innen aus verschiedenen Lagern. Im Anschluss erklärte die Veranstalterin recht aufgelöst öffentlich, dass sie enttäuscht von den Antifaschist*innen sei. Sie sprach von linken und rechten Extremen, die beide gefährlich seien und bedientes ich damit der eindimensionalen Systematik der Hufeisen-Theorie.
Zusätzlich zu den beiden AfD-Politikern war auch Sabine Twardokus von „ProDeutschland“ anwesend, welche in der Vergangenheit häufiger an HoGeSa-Veranstaltungen teilnahm. Auch sie wurde als kreativer Akt mit Luftschlangenspray dekoriert.
Leider wurde im WDR Bericht suggeriert, es hätte eine Gefahr für Leib und Leben der Politiker*innen bestanden, in dem die Schnittfolge zunächst ein Bild von einer Hundertschaft zeigte (die nicht zum Einsatz kam) und dann die Aussage folgte, dass die AfD unter Polizeischutz hinausbegleitet werden musste, da sie von „links Autonomen“ bedroht worden seien. Fakt ist aber das die AfD Funktionäre über eine Stunde im Café Swane verbracht haben und es zu keiner körperlichen Gewalt gegen sie gekommen ist.
Aus unserer Sicht war der Abend erfolgreich, weil die Veranstaltung in der gedachten Form mit der AfD verhindert werden konnte, vielmehr dominierten viele AfD kritische Redebeiträge die Veranstaltung. Durch den Abbruch der Veranstaltung konnte somit verhindert werden, dass der AfD erneute eine Bühne geboten wurde um ihre populistischen, menschenverachtenden und rechten Thesen zu vertreten.