Nationalismus ist keine Alternative
Bundesweite Kampagne gegen die Festung Europa und ihre Fans
Gegen den nationalistischen Flächenbrand! – Der CC ist nur ein Teil des Problems
Antinationales Aktionswochenende in Coburg
“Back to the roots”, scheint die gegenwärtige Lage in Deutschland passend zum Ausdruck zu bringen. Die Deutschen wollen ihr deutsches Volk zurück und die Konsequenzen, sowie erfoderlichen Mittel zur Umsetzung dieser Wahnvorstellung, schlagen sich im Parteiprogramm der Afd, oder im Populismus der CSU nieder, ohne Skandalisierung, ohne Intervention derjenigen die sich immer als Verteidiger der Demokratie und sich gegen jeglichen Extremismus ausgesprochen haben. Diesen Ereignissen und der aktuellen Lage in Deutschland, Europa und deren Grenzen müssen wir Raum in unseren antifaschistischen Protesten einräumen; dementsprechend halten wir es für nötig den völkischen Nationalismus der Burschenschaften als Anlass zu nehmen uns auf den sich ausbreitenden nationalistischen Flächenbrand zu beziehen, zu dekonstruieren, dagegen zu protestieren und gemeinsame solidarische Perspektiven zu entwickeln, denn Nationalismus ist keine Alternative!
“Back to the roots”, findet auch jedes Jahr in Coburg statt, beim größten Treffen der pflichtschlagenden Studentenverbindungen in Deutschland. Auch dieses Jahr werden am Pfingswochenende, dem 12. bis 16. März, die “Elite” Deutschlands sich in ihre pathetisch, patriachale Parallelwelt begeben die primär darin besteht, ganz der Tradition nach, uniformiert, in Wollwichs und mit Säbeln ausgestattet durch die Stadt zu ziehen. Fehlen dürfen dabei Fackel und Bierkrug nicht um saufend die eigene Zugehörigkeit zu zelebrieren. Nebenher werden deutsche Soldaten und Mörder als Helden gefeiert und das Vaterland beschworen.
Das Vaterland. Kein Begriff könnte die gegenwärtige völkische Begeisterung, inhaltlich besser auf den Punkt bringen. In all seiner Isolation und Angst, die mit der Verwertungslogik des Kapitalismus einhergeht, greift der deutsche Vater zurück auf bewährte Methoden aus der reaktionären Mottenkiste. Er stellt seine Frau in die Küche und sorgt dafür das sie ihrer biologischen Bestimmung nachgeht und Kinder zeugt um den Untergang des deutschen Volkes aufzuhalten. Später werden diese nach guter alter preußischer Tugend autoritär erzogen bis sie, ebenso emotional verkommen, versuchen der Welt den Stempel der Obrigkeitshöhrigkeit aufzudrücken. Genau diese Strukturen hat der Coburger Convent, der sich nur aus reinen Männerbunden zusammensetzt, seit dessen Gründung 1951 konserviert. Frauen sind noch immer nur bei Anlässen, wie etwa dem jährlichen Ball beim Pfingstkongress, gerne gesehen, bei dennen es mehr darum geht, das Mann seine Couleurdamen präsentieren kann, als um wirkliche Gleichberechtigung, den von einer vollwertigen Mitglidschaft sind Frauen immernoch ausgeschlossen, oft damit begründet, dass Mann keine Beziehungen im Verbindungsleben wolle, oder ähnlichen unhaltbaren Argumenten, verleumdet es doch die Möglichkeit einer homosexuellen Beziehung. Doch Homosexualität existiert im Männerbild der Burschenschaften nicht, nach ihrer Vorstellung muss der Mann hart, gefühlslos und selbst betrunken noch Herr über seinen Körper sein und so werden Neuzugänge, sog. Füxe, zum Idealbild des Mannes, nach den Burschenschaften, geformt durch das Mensur-Fechten und die ritualisierten Trinkgelage und Alkoholexzesse, namens Kneipen. Während der Verbindungstudent bei der Mensur tatsächlich, als Vertreter seiner Verbindung, seinen Kopf hinhalten muss, müssen bei der Kneipe, ganz gemäß dem Grundsatz “nach oben buckeln, nach unten treten”, die Füxe die älteren Mitglieder bedienen. Je nach Verbindung kommt es dabei auch schon mal vor, das eine vorgeschriebene Menge Alkohol getrunken werden muss und der Gang zur Toilette verweigert wird. Das soetwas volkommen entgegen den natürlichsten Trieben, wie dem Selbsterhaltungstrieb und dem Drang zu urinieren, innerhalb von Verbindungen ohne physischen Zwang durchgesetzt werden kann, zeigt nur ein weiteres Mal wie tief solche Verhaltensweisen und die Akzeptanz von Autorität und Obrigkeitshörigkeit in unserer Geselschaft verankert sind und sich durch die ganze Geselschaft zieht vom korporierten Studenten, der selbsternannten Elite, bis zum besorgten Bürger, auf der Pegida-Demonstration.
Der immer wieder genannten Äußerung Deutschland erlebe den mächtigsten Rechtsruck seit 1945, ist auf den ersten Blick zu zu stimmen. Rassimus wird wieder offen zur Schau gestellt, Nationalismus scheint für weite Teile der Gesellschaft eine legitime politische Strategie in gegenwärtigen Krisen zu sein um die sorglose Stabilität des Kleinbürgers wider her zu stellen. Die sogenannte bürgerliche Mitte; für uns eigentlich nie existent gewesen – eher zu bezeichnen als unpolitische Wähler_innen, löst sich im Patriotismus auf und ergießt ihre eigene Lebensfrustration in Ressentiments und einfachen Analagien, geschult und aufgewachsenen in Entsolidarisierung ergibt sich daraus eine sozialdarwinistische Erbarmungslosigkeit mit hohem faschistoidem Potenzial.
Jedoch passierte dieser Rechtsdruck nicht auf einmal, nicht unvorhersehbar, durch das Versagen der EU in der Flüchtlingsthematik. Der so genannte Rechtsruck bestand schon immer, er war nie weg, er äußerte sich nur in einem Flüstern in Zeiten in denen offen rassistische Äußerung “den Nazis” vorbehalten waren. Mit Pegida, AfD und anderen rechtspopulistischen Gruppierungen wurde es legitimer die eigene Meinung unter “wir sind das Volk”-Rufen rauszulassen. So wurde aus der schweigenden, rassitsich verorteten Masse an Bürgern der „besorgte Bürger“, sich selber als Opfer sehend und sich nicht zu schade jeder Verschwörungstheorie hinterherzurennen sollange die Ausländer am Ende die Schuldigen sind. So hat sich das oben genannte Flüstern in eine brüllende Masse gewandelt. Antifaschist_innen in ganz Deutschland befinden sich nun in der „Ich habs dir doch gesagt“ – Position, und im allgemeinen war für den aufgeklärten Menschen diese gesellschaftlichen Entwicklungen voraus zu sehen und eigentlich unausweichlich. Deswegen sehen wir die diesjährigen Proteste in einem breiteren Zusammenhang; der Coburger Convent ist Bestandteil des nationalistischen Flächenbrandes und spielt diesem zu.
Autoritäre und diskriminierende Vorhergehensweisen waren seit der Entnazifizierung allgegenwärtige Praxis in Deutschland, jedoch betraf dies nur die Minderheiten der Merheitsgesellschaft. Es traf diejenigen die sich mit vollem Bewusstsein ihren Platz außerhalb dieser Gesellschaft suchten in Form von Kriminalisierung linker Politik und Aktion. Es traf diejenigen die sich eher ungewollt am Rand sahen, weil sie nicht den selben Zugang zu den vorliegenden Ressourcen hatten und keine Interventionsmöglichkeit durch mangelnden Macht- und Einflussbereich in der vorliegenden Systemtaik besaßen, es traf diejenigen die nicht den passenden Pass hatten, nicht die richtige Hautfarbe, nicht die richtige Muttersprache úm sich Gehör zu verschaffen. Es haben nur wenig die Bereitschaft den Minderheiten Beachtung zu schenken, da nichts die heile Vorgartenwelt aus Demokratie, EU, Feierabendbier und Sonntagsspaziergang zu gefährden schien. Man war mit keinen weltpolitischen Ereignissen oder Konsequenzen direkt konfrontiert; „Ich bin unpolitisch“ entwickelte sich zu einer breit akzeptierten Sichtweise aus diesen Privilegien. Dies hat sich in den letzten Jahren erstaunlich schnell geändert, der westliche Wohlstand und unsere Privilegien schwinden für die “besorgten Bürger” scheinbar durch die Anwesendheit von geflüchteten Menschen. Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit mehr, das ist mittlweile sogar bei der BILD-Leserschaft angekommen, unabhängig davon, dass diese auch in Deutschland niemals in vollem Umfang geltend waren. Der Futterneid wird inszeniert um Ideolgie anstatt Vernunft walten zu lassen, denn bekanntlich kommt erst das Fressen, dann die Moral.
Bei all den negativen Vorgängen in der Bevölkerung die als Reaktion auf den Zuzug von Geflüchteten zu Schein treten, muss aber auch erwähnt werden, dass ein Teil der Bevölkerung es schafft sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren. Und neben den direkten Hilfestellungen ist es auch erfreulich zu sehen, dass viele der Helfer_Innen die Ungerechtigkeiten in unserer kapitalistischen Gesellschaft hinterfragen und neue Ideen generieren. Eine Chance die Idee einer solidarischen Gesellschaft ohne Diskriminierung weiter zuverbreiten. Wenn eine Person eine Art der Diskriminierung und Ausgrenzung reflektiert hat ist es nurnoch ein kleiner Schritt um aller anderen Ausgrenzungsmechanismen zu hinterfragen. Wer Rassismus verstanden hat, eine reflektierende Herangehensweise vorrausgesetzt, wird auch in der Lage sein Sexismus, Homophobie, Antisemitismus und alle anderen Formen von Diskriminierung zu erkennen und diese als bekämpfenswert deklarieren. So kann auch ein ein In-Frage-Stellen des scheinbar alternativlosen Normalzustands dazukommen und so eine Chanche bieten radikaler Kritik anstatt unpolitischen Meinungsbildern, Raum zu geben.
Auch der CC nimmt sich für sich heraus „unpolitisch“ zu sein, um sich von den Entgleisungen ihrer Brüder im Geiste, den deutschen Burschenschaften, zu distanzieren. Schließlich darf der angeblich humanistische Vollwichs ja nicht mit brauner Soße vollgesaut werden. Aber eine Veranstaltung an dem ein „Heldengedenken“ für deutsche, gefallene Soldaten stattfindet, auf dem in schicker altdeutscher Schrift: Ehre , Freundschaft, Vaterland eingraviert ist oder bei dem das Deutsche Lied gesungen wird nachdem man uniformiert und mit Fackeln durch die Stadt läuft, ist definitiv nicht unpolitisch. Es ist eine Glorifizierung völkischen Nationalismus. Der CC greift auf Werte, Stimmungen und Bilder zurück die sehr wohl der braunen Logik entspringen, und es wird endlich an der Zeit dafür Verantwortung zu übernehmen.
Es ist fatal vom Convent in einer so aufgeheizten Zeit business as usual durchzuziehen. Die Stadt Coburg ist ebenfalls ein Akteur in diesem problematischen jährlichen Ereignis, toleriert und unterstüzt sie doch jährlich aufs Neue diesen Convent. Ein Gesinnungsbeispiel der Politik in Coburg zeigte sich jüngst als der CSU-Stadtradt einen Antrag für die Aufarbeitung der Geschichte und Bedeutung Coburgs in der NS-Zeit ablehnte mit der Begründung dies hätte keine Relevanz und der Haushalt der Stadt sei dafür nicht ausreichend. Der Antrag kam, trotz dieses ridigen Runterspielens der Relevanz der Stadt Coburgs innerhalb der historischen Fakten, durch.
Deutschland zeigt sich in dieser Stunde von einer immer hässlicheren Seite, wir scheinen weiter entfernt von einer emanzipatorischen Gesellschaft als je zuvor.
Gegen den nationalistischen Flächenbrand!
Nationalismus ist keine Alternative!
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