CN: Vergewaltigungsandrohung, rechte Gewalt
Zwönitz ist kein Einzelfall. Zwönitz ist die Regel. Während wir privilegierten Großstadtlinken uns in unseren Szenevierteln sicher fühlen können, sind unsere Genoss*innen außerhalb der Großstädte tagtäglich der Gefahr durch Faschist*innen ausgesetzt. In zahlreichen Kleinstädten in der Provinz kommt es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen auf linke Aktivist*innen, migrantisch gelesene Personen und queere Menschen. Eben alle, die den Faschist*innen nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen. Von den Medien und der Politik wird das bestenfalls als Einzeltat verharmlost und ein politisches Tatmotiv ausgeschlossen, meist wird es aber komplett ignoriert.
In vielen Kleinstädten wird das Stadtbild von neonazistischen Graffiti und Stickern geprägt. Der Großteil der weißen, nicht-queeren Mehrheitsgesellschaft schweigt, denn für sie geht von den Neonazis keine Gefahr aus. Menschen, die aktiv dagegenhalten, gibt es nur wenige, denn eine militante Neonaziszene, die auch vor Gewalt nicht zurückschreckt und im Ernstfall sogar die Familien linker Aktivist*innen terrorisiert, schreckt viele Menschen ab.
So ist es auch kein Wunder, dass z. B. 2017 in Wurzen eine antifaschistische Demo als das schlimmste Bedrohungsszenario seit der roten Armee wahrgenomen wird. Die Demonstrationsteilnehmenden wurden von den Cops mit mehreren Hundertschaften, drei Wasserwerfern und zwei SEK-Trupps erwartet und die lokalen Medien fantasierten im Vorfeld bürgerkriegsähnliche Zustände herbei. Dass jegliche Gewalt an diesem Tag von Faschist*innen, teils in Uniform, teils in Zivil, ausging, blieb danach jedoch unerwähnt.
Ein halbes Jahr nach dieser Demonstration gab es wieder in Wurzen eine antifaschistische Kundgebung, nachdem ca. ein Dutzend Neonazis, unter anderem mit Golfschlägern bewaffnet, drei Geflüchtete in ihrer Wohnung angegriffen hatten. Diese Kundgebung wurde von vier vermummten Neonazis, die mit Macheten, Schlagstöcken und Baseballschlägern bewaffnet waren, angegriffen. Statt etwas dagegen zu tun, nahmen die Cops lieber Personalien von Antifaschist*innen auf, die lautstark auf den Angriff aufmerksam gemacht hatten.
Aber nicht nur in Sachsen gibt es organisierte Neonazistrukturen, die eine Gefahr für alle Menschen, die nicht in deren Weltbild passen, darstellen. So kann man im benachbarten Sachsen-Anhalt und Thüringen ebenso eine gute Vernetzung der rechten Strukturen beobachten. Trotz weiter Entfernung bestehen z. B. zwischen der ,,Aktionsgruppe Dessau/Bitterfeld“ und der vom ,,Dritten Weg“ abgespaltenen Gruppe ,,Neue Stärke Erfurt“ gute Kontakte und Verbindungen. Es werden gemeinsam faschistische Demonstrationen geplant und die Aktionen der jeweiligen anderen Gruppe personell unterstützt.
Wir wollen dabei genauer auf ein kürzlich geschehenes Beispiel eingehen, was gut die eben erwähnte neonazistische Vernetzung aufzeigt:
So fanden am 12. Juni dieses Jahres in Dessau-Roßlau zwei Neonaziaufmärsche statt. Als erstes ging es für die Neonazis durch den Neonazikiez Roßlau und im Anschluss durch die Dessauer Innenstadt. Beide Demonstrationen wurden von der ,,Aktionsgruppe Dessau/Bitterfeld“ organisiert, die ,,Neue Stärke“ war an diesem Tag aber auch stark vertreten. Beide Gruppen bedrohten an diesem Tag Journalist*innen und Menschen, die man für linke Aktivist*innen hielt. Gleich zum Anfang der Demonstration in Dessau versuchten einzelne Akteur*innen der ,,Neuen Stärke“ und der Aktionsgruppe, sowie Pierre Bauer von ,,Die Rechte“, mehrere Journalist*innen einzuschüchtern.
Zum Ende der Demonstration kam es auch zu einem körperlichen Übergriff auf zwei Journalist*innen und unsere Pressesprecherin Kili Reeber. Als die drei am Gleis des Dessauer Hauptbahnhofs standen, wurden diese von mehreren Neonazis bedrängt und zusammengedrückt. Während die Neonazis die Journalist*innen, sowie unsere Genossin bedrängten und bedrohten, hatten die anwesenden Cops nichts besseres zu tun, als die drei aufzufordern, zu gehen. Während die Faschos die drei weiter in Richtung Treppe drängten, bekam unsere Pressesprecherin, Kili Reber, mehrfach von verschiedenen Neonazis Vergewaltigungsandrohungen. Einer dieser Neonazis war Paul Fischer, der Vater von Michel Fischer, dem bekannten Neonazi aus Weimar.
An der Treppe angelangt, schubsten die Neonazis einen der Journalist*innen die Treppe herunter. Er fiel mehrere Stufen, blieb zum Glück aber unverletzt. Als der andere Journalist, sowie unsere Pressesprecherin ihm hinterher kamen und alle drei in der Unterführung des Bahnhofs waren, folgte ihnen Wolodja Wanjukow von der ,,Neuen Stärke“ und schlug dem anderen Journalisten, wohlgemerkt einem Minderjährigen, ins Gesicht.
Dies zeigt anhand eines einzelnen Beispiels die Gefahr gut vernetzter Nazistrukturen. Genau deswegen sind wir heute in Zwönitz, weil auch hier die hiesige Neonaziszene versucht, das Gleiche zu etablieren.
Seit einiger Zeit treffen sich hier jeden Montag Querdenker*innen, um ihre Verschwörungstheorien um ihr menschenverachtendes Weltbild in die Öffentlichkeit zu tragen. Anders, als zum Beispiel in Leipzig, sind das aber nicht hauptsächlich verängstigte Rentner*innen, sondern militante Neonazis. Dem gilt es entschlossen entgegenzutreten! Antifa bleibt Landarbeit, denn es gibt kein ruhiges Hinterland!
Alerta, Antifascista!
Nazis aufs Maul!