Am Samstag waren wir mit über 600 Menschen in Leipzig unterwegs um unsere emanzipatorische Kritik und unsere Wut auf die Straße zu tragen. Anlass der Demonstration war der ursprünglich für den September 2020 geplante EU-China-Gipfel in der Messestadt Leipzig, der auf Grund der Corona-Pandemie verschoben wurde. An den Aktionstagen #nosummitbutsolidarity und der geplanten Demonstration hielten wir jedoch fest und verliehen unserer Kritik der Festung Europa und der Politik der chinesischen Regierung Ausdruck.
Kili Reeber von „Nationalismus ist keine Alternative (Sachsen)“ erklärt dazu: „Während in der europäischen Union immer noch eine Vorstellung von der Wertegemeinschaft Europa besteht, zeigt die Entwicklung in Moria auf Lesbos erneut, dass Blut an europäischen Händen. Wir sind verzweifelt und wütend über eine Politik, die diese Menschen behandelt, als wären sie nur ein Wirtschaftsfaktor. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ heißt es. Auf Moria wird den Menschen und ihrer Würde Gewalt angetan! Das muss aufhören!“
Die Demonstration war entschlossen, kraftvoll und verlief ohne größere Zwischenfälle. Auch wenn im Vorfeld der Demo durch lokale und überregionale Medien und Vertreter von Behörden Ausschreitungen offenbar herbeigesehnt wurden.
Das Verhalten der Cops an diesem Samstag und insbesondere das öffentliche Agieren der Behörden vorher ist Ausdruck einer autoritären Formierung und der fortwährenden Kriminalisierung und Delegitimierung linker und linksradikaler Aktivist*Innen.
Zu den vorher von Medien und Behörden geführten Spekulationen bemerkt Dennis Schreiber: „Die öffentliche Debatte in der Bundesrepublik dreht sich, sofern es um linksradikale Inhalte geht, stets um die Frage, ob eine Versammlung ‚friedlich‘ verlief; die Frage der Trennung in gute und böse Demonstrant*Innen. Passiert dann nichts, titeln Medien ‚Versammlung blieb friedlich‘ – was für ein Nachrichtenwert! Inhalte und Kritik sind überlagert von einem Sensationsjournalismus, der Pyrotechnik und ‚den schwarzen Block‘ fetischisiert und gleichzeitig sich in bürgerlichem ‚Haltungsjournalismus‘ empört.“
Am Freitag gab es in Solidarität mit der Demonstration und der Protestbewegung in Hongkong eine Umbenennung von Straßenamen. Hierfür wurden die Namen feministischer Persönlichkeiten und ein Aktivist der 2019 Opfer der tödlichen Regimegewalt wurde verwendet.
Während der Demonstration gab es an der Spitze des Zuges eine Solidaritätsaktion mit direktem Bezug auf die „Regenschirm Revolution“ in Hongkong. Das Fronttransparent mit dem Titel der Demo wurde ausgetauscht und die Botschaft „solidarity against tyranny“ in chinesischen Langzeichen gezeigt. Was uns besonders freut ist, dass unsere Aktion von der Protestbewegung in China und Hongkong in den sozialen Medien wahrgenommen und unsere Botschaft für Freiheit und Emanzipation positiv aufgenommen wurde. Durch die Parole „Free Hongkong“ wurde unsere Forderung bekräftigt.
„Das ‚Nationale Sicherheitsgesetz‘, was dieses Jahr in China auch für Hongkong verabschiedet wurde, zeigt schon seine repressiven Folgen, wenn Jugendliche für regimekritische Posts in den sozialen Medien von den Repressionsorganen verschleppt werden. Und die Expansionspolitik Chinas ist damit noch nicht beendet. Die Enklave Taiwan wird das nächste Ziel dieser Expansion sein.“ erklärt Alex Hoffmann.
Innerhalb der radikalen Linken wünschen wir uns eine kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit den Verhältnissen in Hongkong und China und hoffen das wir dazu beitragen konnten.
Wir ziehen nach der Demonstration ein positives Fazit. Wir machen uns dabei nichts vor über die Wirkung der Versammlung. Das Sterben im Mittelmeer und die menschenunwürdigen Camps an der Außengrenze der Festung Europa wird damit nicht beendet sein. Die Politik der Volksrepublik China wird sich dadurch ebenfalls nicht verändern.
Kontakt: nika-sachsen@riseup.net – pgp auf Anfrage