Angesichts der Landtagswahl in NRW am 15. Mai 2022, rufen wir euch einmal mehr dazu auf, den rechten Wahlkampf zu sabotieren. Schickt uns eure Fotos oder Videos von Aktionen oder postet sie selbst unter dem Hashtag #nika22.
Die AfD steht in NRW vor der Landtagswahl zwar professionalisiert und staatlich finanziert, aber ansonsten nicht besonders gut da. Inzwischen darf die gesamte Partei vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ beobachtet werden, nachdem sie erst ihren wirtschaftsliberalen Lucke-Flügel, dann ihren national-konservativen Petri-Flügel und zuletzt ihr allerletztes dürftiges Feigenblatt Meuthen abgestoßen hat. Durchgesetzt hat sich das scheinaufgelöste völkische Flügel-Netzwerk um Björn Höcke, das für einen neuen Faschismus steht und wirksamer denn je ist. Und auch wenn der Landesverband NRW sich in scheinbarer Opposition zum „Flügel“ befindet, handelt es sich um nichts anderes als parteiinterne Machtkämpfe und neue Bündnisse unter Rechten verschiedener Couleur. Der Kölner MdB Roger Beckamp etwa ist zwar ein Gegner des „Flügels“, aber dafür ein Identitärer. Überhaupt haben die Identitäre Bewegung und die Junge Alternative großen Einfluss auf die AfD-NRW, auf der Landesliste finden sich mindestens fünf Sympathisant*innen der IB als Kandidat*innen.
Für den Landtagswahlkampf hat die AfD „Corona“ als dominantes Thema festgelegt und möchte sich als „Freiheitspartei“ vermarkten. Das „Freiheitsversprechen“ der Neurechten ist allerdings nichts anderes als das faschistische Versprechen, in einer homogenen „Volksgemeinschaft“ aufgehen zu können, die Notwendigkeit von Selbstreflexion und Eigenverantwortung abstreifen zu dürfen und sich im nationalen Rausch der Stärke der totalen barbarischen Enthemmung hinzugeben und die imaginierte Bedrohung durch die „Volksfeind*innen“ gewaltsam hinwegzufegen. Der im Kern faschistische Wunsch nach einer radikalen „Reinigung“ der Gesellschaft, das Streben nach harmonischer (Volks-)Gemeinschaft sowie die simplen Freund-Feind-Schemata zeigen sich auch seit zwei Jahren in den als „Spaziergängen“ verharmlosten Aufmärschen eines irrationalen Mobs aus Pandemie-Leugner*innen, Verschwörungsgläubigen, Impfgegner*innen und Neonazis. Im Zuge dieser Entwicklungen hat sich der gesellschaftliche Diskurs nicht einfach „nur“ nach rechts verschoben – das Verhältnis zur Wahrheit selbst hat sich geändert. Strategien der Aufklärung wie wissenschaftliche Analysen und Überprüfbarkeit, empirische Belege und selbst einfache Faktenchecks müssen gegenüber Troll-Taktiken, Provokationen und Verschwörungserzählungen scheitern. Die faschistischen Subjekte pflegen ein zynisches und instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit, das rationale Diskussionen gezielt unterlaufen und zerstören will. Scheitern einzelne Positionen, Projekte oder Personen, wird selbst dieses Scheitern in die Erzählung integriert und bestärkt den Verschwörungsglauben.
Auch wenn nicht jede*r AfD- oder DieBasis-Wähler*in und nicht alle, die mal bei Pegida oder einem Corona-Spaziergang mitgelaufen sind, Faschist*innen sind, ist die faschistische Ideologie für die Dynamik dieser Erweckungsbewegungen zentral. Enthemmung, Selbstradikalisierung, Glaube an Verschwörungserzählungen, Antisemitismus, Personalisierung gesellschaftlicher Probleme und damit verbundene Dämonisierung der als „Feind*innen“ markierten sind aber auch in der sogenannten „gesellschaftlichen Mitte“ und ihren Parteien vertreten. Aus FDP und CDU vernehmen wir immer wieder die Stimmen, die die AfD als Verbündete begreifen. Der CDU-Politiker Max Otte hat für die AfD gespendet – Hans-Josef Bähner hat aus Rassismus auf Jugendliche geschossen. Und die schwarz-gelbe Landesregierung hat die autoritäre Formierung von Staat und Gesellschaft rasant vorangetrieben mit neuen und repressiven Polizei- und Versammlungsgesetzen. Gerade diese Gesetze, die wie das VersGNRW etwa als Maßnahme gegen Neonazis geframed wurden, sind ein roter Teppich für rechte Bestrebungen. Sie zielen vor allem auf Antifaschist*innen, Klimaschützer*innen, Antirassist*innen und andere progressive Bewegungen. Sie erschweren und kriminalisieren alle direkten Versuche, Rechtsruck, Ausbeutung und Klimazerstörung aufzuhalten und effektiv zu stören.
Die akuteste Gefahr dieser Entwicklung sind nicht Neonazis in der AfD, sondern die Verschwörungsgläubigen und die Anhänger*innen, Mitglieder und Sympathisant*innen der AfD in der Polizei, beim Militär, beim KSK, den Geheimdiensten, in der Staatsanwaltschaft, im Justizsystem usw. Die Polizei hat mehr als nur ein Rassismusproblem. In ihr existieren deutschlandweit rechte Netzwerke, sie ist geprägt von Korpsgeist, Krieger*innenmentalität, toxischer Männlichkeit, Autoritätshörigkeit und enthemmter Brutalität. Polizist*innen können quasi ungestraft prügeln, erniedrigen und sogar morden – Amed Ahmad, Adel B., Giorgios Zantiotis, Mikael Haile, Taner D. legen dafür Zeugnis ab. Die Polizei hat einen überdurchschnittlich hohen Anteil an AfD-Anhänger*innen. Wenn Teile der sogenannten gesellschaftlichen Mitte zu einem neuen Faschismus überlaufen, dann heißt das, dass auch Teile der Polizei, des Militärs, der Justiz etc. überlaufen. Und genau diesen streut die „bürgerliche Mitte“ mit den neuen Polizei- und Versammlungsgesetzen Rosen auf den Weg.
Es ist inzwischen klar. Große Teile der AfD stehen für einen „modernisierten“ Faschismus. Sie hat keine Lösungen für Probleme. Sie personifiziert und kulturalisiert, ethnisiert und vergeschlechtlicht Probleme und verschärft sie sogar, um sie ideologisch auszubeuten. Der neue Faschismus ist angelegt wie eine große Verschwörungserzählung, er ist nicht darauf angelegt durch bessere Argumente, empirische Erfahrung, faktische Evidenz oder universelle Wahrheiten widerlegt oder überzeugt zu werden. Und auch die bürgerliche Demokratie ist kein Bollwerk gegen diese Ideologie, die doch aus ihrem Inneren heraus entsteht. Durch autoritäre Krisenlösungen, Erweiterung polizeilicher und geheimdienstlicher Kompetenzen, durch den Ausbau des Überwachungsstaates und durch repressive Polizei-, Asyl- und Versammlungsgesetze ermächtigen die Parteien der „Mitte“ die rechten bis faschistischen Tendenzen in der Gesellschaft. Es hilft nichts: Antifa bleibt Handarbeit – alles muss man selber machen! Darum lasst uns die Normalisierung der AfD durchkreuzen und Faschist*innen als das markieren, was sie sind! Nehmt ihnen die Räume und Mittel, Podien und Posten. Lasst uns Druck aufbauen, damit das unsägliche Versammlungsgesetz NRW fällt!
Ihr findet Materialen, um im Wahlkampf zu intervenieren, auf unserer Homepage – darunter Vorlagen zum Selbstausdrucken für Flyer, Stencils, Transparente und Plakate. Wir beiten euch außerdem an, euch eine Aufklebervorlage mit eurer Stadt zu basteln. Von der Kampagne zur Kommunalwahl 2020 findet ihr bei uns ein kleines „How To NIKA“ mit Tipps, was sich so alles gegen AfD, Basis und Co. anstellen lässt. Schickt uns eure Fotos oder Videos von Aktionen oder postet sie selbst unter dem Hashtag #nika22. Schnappt euch eure Leute und auf geht’s!