Der Aufstieg des „Reich der Mitte“ zur Weltmacht
Im Juni 2019 starteten in Hongkong die Proteste gegen einen Gesetzesentwurf, welcher die Auslieferung an das chinesische Festland ermöglichen sollte. Die Proteste führten im September 2019 zur vorläufigen Verwerfung des Entwurfs. Doch den Aktivist*Innen reichte das nun nicht mehr, da sie in den Protesten um das umstrittene Gesetz zahlreiche Opfer gelassen haben. Die Wut wurde auch durch die jahrelange Unterdrückung und den autoritären Führungsstil Pekings befeuert. Dazu zählen zum Beispiel der menschenverachtende Umgang mit marginalisierten Gruppen wie den Uiguren und deren Inhaftierung in Internierungslagern. Viele Menschen in Hongkong fühlen sich seit Langem durch die „kommunistische“ Partei Chinas bevormundet was den Umgang mit „westlichen“ Einflüssen betrifft.
Das umstrittene Sicherheitsgesetz wurde Ende Juni 2020 mit 100%iger Zustimmung im Exekutivbüro der Volksrepublik China beschlossen. Die Proteste waren nach fast einem Jahr auch aufgrund der harten Repression geschrumpft. Mit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetz kommt nun die nächste Repressionswelle auf die Demokratiebewegung in Hongkong zu.
Die Volksrepublik China wurde 1949 mit dem Sieg Mao Zedongs im vorrausgegangenem Bürgerkrieg ausgerufen. Das Land und die Produktivkraftentwicklung in China entwickelte sich durch planwirtschaftliche Lenkung der Wirtschaft in enormen Tempo, allerdings auf Kosten der Bevölkerung, von denen 45 Millionen Menschen während der Hungersnöte von 1958-61 umkamen. Die zentralistische wirtschaftliche Planung erlaubte auch während der Hungersnöte keine angemessene Reaktion und so wurde der Ausbau der Schwerindustrie vorrangetrieben, während Millionen den Hungertod fanden.
Die nicht erfolgreiche Kulturrevolution (mit erneut Millionen Opfern) unter Mao Zedong, der Tod des Parteiführers 1976 und der generelle Niedergang der globalen antiimperialistischen Befreiungsbewegungen waren die Vorraussetzungen für die Öffnung Chinas für den internationalen Kapitalismus.
Im Dezember 1978 war die Führung um Deng Xiaoping bereit dazu.
Das langfristige Ziel der Reformpolitik der späten 70er war die eigene wirtschaftliche Rückständigkeit durch eine Weitergabe,von Technologie aus dem Westen und Japan zu überwinden. Die „Volksrepublik“ bot dafür billige Massenware an, die auf Kosten der Arbeitenden produziert wird.
China hat auch eine Kolonialgeschichte: Denn bereits im 19. Jahrhundert produzierte das damalige Kaiserreich 1/3 der Waren. Natürlich gab es also Interessen europäischer Mächte. Als Spielball imperialer Interessen wurde China besiedelt, bekriegt und ausgenommen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts dankte der Kaiser ab, der unter großen Druck geraten war, weil er spätestens seit dem niedergeschlagenen „Boxer-Aufstand“ 1901 zum hörigen Befehlsempfänger der imperialen Mächte geworden war. Das kurze Intermezzo „Republik China„ wurde 1949 abgelöst. Die Regierung der „Republik China„ flüchtete ins Exil nach Taiwan und besteht dort bis heute. Unter dem Führer Mao Zedong übernahm die Kommunistische Partei China die Macht und trieb unter erheblichen zivilen Verlusten die Industrialisierung des Landes, welcher davor aufgrund wirtschaftlicher Probleme und gesellschaftlicher Spannungen als „Kranker Mann Asiens“ geächtet wurde, vorran.
Hong-Kong hat, wie viele andere ehemalige Kolonien wie zum Beispiel Taiwan, eine Sonderstellung. Das chinesische Regime hat nur eingeschränkten Zugriff auf das Gebiet, es gibt mehr Freiheitsrechte und eine bessere Anbindung an die westliche Welt, auch vor allem aufgrund der Kolonialgeschichte der Gebiete.
global european history
Europa war in der historischen Entwicklung des Kapitalismus Zentrum und Triebkraft. Der genaue Ursprung findet sich Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts auf den sogenannten Feudalismus folgend, in Nordengland. Arbeiter*Innen wurden in ersten kapitalistischen Fabriken ausgebeutet, doch ihre harte Arbeit reicht England nicht um im internationalen Handel konkurrenzfähig zu sein. Die europäischen Kolonialmächte konnten den Kapilalismus deshalb so schnell vorantreiben, da sie sich der globalen Ressourcen bemächtigten und ihre wirtschaftlichen Interessen auf der ganzen Welt mit Gewalt verteidigten.
Produktionsmittel waren privat. Kapital wurde in neue Technik und deren Entwicklung investiert um produktiver zu werden. Kapitaleigentümer*Innen prägten und prägen das gesellschaftliche Zusammenleben. Durch die Umbrüche in der Landwirtschaft und technische Erfindungen, welche die Industrialisierung ermöglichten, flohen Menschen aus den prekären Situationen auf dem Land in die sich entwickelnden Industriestädte. Die Masse der Arbeiter*Innen ist besitzlos und von den wenigen Kapitalbesitzern abhängig.
Der Staat soll die Wirtschaft regulieren, nachdem der Markt immer und immer wieder beweist, dass er sich nicht selbst regulieren kann, wie Kapitalist*Innen behaupten (man nennt das hierzulande soziale Marktwirtschaft). Doch auch der Staat spielt den wenigen Kapitalist*Innen zu, auch wenn er eigentlich eine soziale Umverteilung gewährleisten und damit die Arbeitenden schützen sollte.
autoritäre Formierung und der Aufschwung faschistischer Kräfte
Innerhalb Europas formiert sich neben dem starkem Rechtsruck aber auch der emanzipatorische Widerstand. Doch während dem Rechtsruck nicht entgegengetreten werden kann, müht sich der autoritäre Staat und versucht nach Käften Widerstand zu kriminalisieren und mit aller Härte zu unterbinden.
Der G20-Gipfel in Hamburg 2017 dient als „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ und zeigt die Entwicklung dieser in Europa auf. Dessen Aufarbeitung dauert innerhalb der radikalen Linken immer noch an – seit über drei Jahren – und hat somit die starke Schwächung der radikalen Linken durch Repression zufolge. Aktuelles Beispiel sind die immer noch vorkommenden Hausdurchsuchungen infolge des Gipfels.
Wenige Monate nach dem Gipfel tauchte ein Video auf, auf dem aus polizeilicher Perspektive der Tatort und Tathergang der Demonstration im Rondenbarg zu sehen war. Hierbei ist klar erkennbar, dass die Demo von den Täter*Innen in Uniform massiv gewaltvoll angegriffen wurde. Das Video polarisierte und löste eine bundesweite Debatte über Polizeigewalt aus. Darauf reagierten die Ermittlungsbehörden mit gezielter Diskursverschiebung in Form der größten Öffentlichtskeitsfahndung (aus 200 Fahndungsfotos) in der BRD Geschichte und bundesweiten Razzien gegen linke Aktivist*Innen, Projekte und Räume. Folglich wurde die Debatte um Polizeigewalt von der Verurteilung von Angriffen auf das polizeiliche Staatsorgan und „linke Gewalt“ überschattet. Ein Framing, was bereits vor dem Gipfel durch bürgerliche Presse und Bullen sichtbar erzwungen wurde.
Die Diskursverschiebung glückte, vom eigenen Fehlverhalten wurde abgelenkt, bis heute wurde keine einzige Anklage gegen die eingesetzten Polizeibeamt*Innen erhoben.
Als direkte Folge dieser Diskursverschiebung kam das öffentliche Interesse auf, gegen die Betroffenen von Polizeigewalt vorzugehen.
„Die Causa Fabio“
Fabio, der nach dem G20 Gipfel monatelang mit haltlosen Vorwürfen in Untersuchungshaft gesteckt worden war. Das darauf folgende Verfahren zeigt dass es hier mehr um eine Abschreckungsjustiz geht, um einen direkten Angriff auf die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit: ihm werden keine individuellen Straftaten vorgeworfen, sondern allein der konstruierte Vorwurf des „Landfriedensbruchs“, sowie auch Körperverletzung und „tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte“, beides im Zuge von „Mittäterschaft“. Er soll also Teil eines gemeinsamen „Tatplans“ gewesen sein und schuldig – ohne selbst etwas getan zu haben. Für die Behörden machte er sich schuldig, da er Teil einer Demonstration war. Laut Staatsanwaltschaft handele es sich nicht um eine Demonstration, sondern um eine Gruppe Personen die sich zum Ausüben von Gewalt verabredet hätten.
Fabio wurde am Rondenbarg festgenommen, dem Ort wo maßlose Polizeigewalt die meisten schwerverletzten Aktivist*Innen verursachte. Fabio soll unter anderem für die „bürgerkriegsähnlichen Zustände“ in Hamburg mitverantwortlich sein. Zur Erinnerung: Kaputte Scheiben und brennende Autos gab es erst zu dem Zeitpunkt, als Fabio längst in einer Polizeizelle einsaß. Mit dem Verfahren gegen Fabio begann die Kriminalisierung vieler anderer Aktivst*Innen. Auch die umstrittene bundesweite Razzia gegen G20-Aktivist*Innen im Dezember 2017 stand im direkten Zusammenhang mit den Vorfällen am Rondenbarg.
Seit dem, aus Polizei- und Regierungs-Sicht katastrophal verlaufenen G20-Gipfel und den Protesten dagegen versuchen diese durch eine massive Verunglimpfungskampagne gegen den legitimen Protest das Ruder wieder in die Hand zu bekommen und Stärke zu demonstrieren. An Fabio sollte auf Biegen und Brechen ein Exempel statuiert werden. Es lief jedoch nicht gut für die Staatsanwaltschaft. Fabio leistete in seinem Verfahren starken Widerstand und lies sich nicht unterkriegen. Die kämpferische Prozessführung entlarvt die Darstellung der Bullen – wie an so vielen anderen Stellen auch – als ein Gemisch aus Übertreibungen, Lügen und Propaganda. Ende November 2017 musste das Gericht Fabio gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Im Januar 2018 wurde der Haftbefehl gegen Fabio aufgehoben.
one struggle, one fight!
Während nach innen der status quo mit hochgerüsteten Represssionsbehörden und ausgeweiteten Befugnissen für diese verteidigt wird, schottet sich die Europäische Union derweil mit einem militärischen Grenzregime ab. Die europäische Sicherheitsarchitektur wird nach innen wie außen militarisiert. Über Staatsgrenzen hinaus werden „Gefährder*Innendaten“ ausgetauscht. An den Außengrenzen der Festung Europa werden Geflüchtete in Lager gesperrt. Die europäische Bevölkerung wird systematisch gegen die Geflüchteten ausgespielt, der Boden, auf dem Rassismus und Rechtsruck gedeihen.
China ist derweil auf einer anderen Überwachungsstaatlichen Ebene angekommen. Ausgangssperren, „Hausarrest“, politische Morde und Überwachungsstaat scheinen normale sicherheitspolitische Instrumente zu sein.
Die Volksrepublik China im Jahr 2020 vereint zwei Aspekte staatlichem, gesellschaftlichem Zusammenlebens, die das Gegenteile der Ziele radikaler Linker sind und deshalb kritisiert werden müssen: eine privat-organisierte und auf Profit orientierte globalisierte Marktwirtschaft und ein autoritärer militarisierter Überwachungsstaat (frei nach Slavoj Zizek).
Wir lassen uns nicht einschüchtern von Medien, Polizei und Staatsschutz.
Es bleibt dabei: am #Le1209 auf die Straße – autonom, militant, antiautoritär.