Aufruf der Kampagne Riot statt Rosen:
Feministische Mobilisierung gegen den Bundesparteitag der AfD in Hannover
Sexismus und Antifeminismus sind fest in der Programmatik der AfD verankert. Ihr Frauen*- und Familienbild ist reaktionär, die Geschlechterrollen für Männer* und Frauen* werden als natürlich gegeben und unveränderlich dargestellt. Geschlechteridentitäten jenseits des binären Modells von Mann und Frau, sowie Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter werden als „Genderismus“ bekämpft. Die sexistischen und antifeministischen Positionen der AfD sind enorm anschlussfähig für ultrakonservative und offen rassistische Milieus, finden jedoch ebenso Zustimmung in der sogenannten bürgerlichen Mitte. Mit der Etablierung der AfD erleben wir einen Angriff auf die Selbstbestimmung von Frauen*. Am ersten Dezemberwochenende werden wir gegen den Bundesparteitag der AfD in Hannover protestieren. Eine Normalisierung dieser rassistischen und sexistischen Partei werden wir nicht dulden. Ebenso wenig werden wir den gesellschaftlichen Rechtsruck hinnehmen, der uns zurückwirft auf Küche, Ehe, Vaterland.
Küche
Die Rolle als Mutter und Hausfrau wird von der AfD stark idealisiert. Betreuungsangebote auf freiwilliger Basis sollen für den „Notfall“ geschaffen werden, dass Frauen* einer Lohnarbeit nachgehen. Eine Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schränke die „Wahlfreiheit“ von Frauen* ein. Hierbei kritisiert die AfD nicht etwa ökonomische Verhältnisse, sondern fürchtet um ihr Ideal der Versorgerehe. Was im „nationalen Feminismus“ als Emanzipation verkauft wird, bedeutet in erster Linie Unterordnung unter das nationale Kollektiv und „Befreiung“ von modernen Familienkonzepten, zurück zu „wahrer Weiblichkeit“.
Während Frauen unangemessen männlich auftreten würden, litten Männer unter einer systematischen Verweichlichung. Die Befürwortung von Abtreibungen, Gleichberechtigung für Homosexuelle und ein Verständnis von Geschlecht als sozial konstruierte Kategorie erscheinen aus dieser Perspektive als direkter Angriff auf die Familie, die Nation und schlussendlich auf die Menschheit als solche. Die AFD hat Angst vor einer sogenannten „Selbstabschaffung der Deutschen“ und versucht diese mit missionarischen Eifer für das Patriarchat, christlichen Glauben und konservativen Familienideal aufzuhalten.
Ehe
Über die Kreise der AfD hinaus wird die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ zur schützenswerten Institution erklärt. Konservative sehen diese mit der Einführung einer „Ehe für alle“ gefährdet. In dieser Debatte wurde deutlich, wie eng „Ehe“ und „Familie“ nachwievor verknüpft sind. Gleichgeschlechtlichen Paaren und Alleinerziehenden wird die Fähigkeit abgesprochen, sich angemessen um Kinder sorgen zu können. Im Falle einer Scheidung schlägt sich die AfD auf die Seite von Männerrechtlern, die meinen eine Gleichstellung der Geschlechter sei längst erreicht und Männer seien inzwischen sogar benachteiligt. Ein Lieblingsthema dieser antifeministischen Bewegung ist das Sorgerecht. Die AfD will die Rechte von Vätern stärken und sogar Leistungen für Alleinerziehende kürzen, die das andere Elternteil aus der Erziehung „herausdrängen“. Eine solche Maßnahme würde dazu führen dass Frauen* in für sie oder ihre Kinder schädlichen Beziehungen bleiben um keine Kürzungen zu riskieren. In der Schule soll ein traditionelles Familienbild vermittelt werden, während Familien- und Beziehungsmodelle abseits der Heteronormativität aus dem Unterricht verbannt werden sollen.
Vaterland
Eine Familie besteht für die AfD aus Vater, Mutter und 2,3 Kindern. Mit einer höheren Geburtenrate soll der Bestand des „deutschen Volkes“ bewahrt werden, eine „kinderfreundliche“ Politik wird einer zuwanderungsfreundlichen entgegengesetzt. Einige Mitglieder forderten sogar, eine ausgeglichene Geburtenbilanz als Staatsziel in Grundgesetz aufzunehmen. Die AfD schließt damit direkt an Positionen der Neuen Rechten an, die bspw. beim sogenannten „Marsch für das Leben“ oder den „1000 Kreuze – Märschen“ gemeinsam mit christlichen Fundamentalist*innen und anderen Abtreibungsgegner*innen eine „Zuwanderung durch den Geburtskanal“ fordert. Mit den fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen verbindet die AfD außerdem die Forderung nach einer „Willkommenskultur für Un- und Neugeborene“. Sie positioniert sich klar gegen die Legalisierung von Abtreibungen und will bestehende Beratungsangebote gesetzlich verpflichten, einen „wirksamen Lebensschutz“ zu gewährleisten.
Männlichkeit wird als die ideale Verkörperung der Nation verstanden. Wenn Höcke sagt, dass Deutschland wieder mannhaft werden müsse, um wehrhaft zu werden, dann wird deutlich, dass sich der deutsche Mann um die innere und äußere Sicherheit Deutschlands zu kümmern hat, während die Frau zuhause die kleinen blonden, blauäugigen Kinder großzieht und auf ihren Einsatz für das Vaterland vorbereitet. Frauen werden zum kulturellen Symbol der Gemeinschaft, ihrer Begrenzungen; sie werden als generationsübergreifende Reproduzentinnen der eigenen Kultur dargestellt.
Wenn es um den deutschen Frauenkörper geht, ist es der Nation verdammt ernst. Und weil der Rassist den weißen Frauenkörper als sein Eigentum sieht, flippt er bei diesem Thema endgültig aus. Aber natürlich erst, wenn ihre Souveränität von einem nicht-deutschen Mann bedroht wird. Immer wieder wird Frauen dabei ihr Subjektstatus abgesprochen, als bedürften sie des Schutzes deutscher Männer. Frauen*rechte werden instrumentalisiert, um die eigene „Kultur“ zu erhöhen und den eigenen Sexismus zu relativieren.
Die AfD spitzt die sexistischen und antifeministischen Diskurse unserer Gesellschaft noch weiter zu. Sie deutet Ängste und Konflikte, die aus den gesellschaftlichen Verhältnissen hervogehen, rassistisch, sexistisch und antisemitisch um. Ihre Politik stellt grundlegende Rechte von Frauen*, Migrant*innen, Arbeiter*innen und Armen in Frage. Wir wollen diese Rechte nicht nur verteidigen, sondern eine solidarische Gesellschaft schaffen. Wenn am ersten Dezemberwochenende die AfD zu ihrem Bundesparteitag in Hannover zusammenkommt, werden wir uns als Feminist*innen den Protesten anschließen! Denn unsere Antwort lautet: Widerstand!