1. Wer oder was ist Nika Sachsen?
Dennis Schreiber:
Wir sind ein Ableger der bundesweiten Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“, diese Art der Vernetzungsmöglichkeit ist bei einem Treffen vom „Ums Ganze“-Bündnis 2016 in Frankfurt enstanden.
Tina Meyer:
Wir sind als selbstorganisierte Ablegergruppe für Sachsen Teil der Kampagne und setzen uns mit den Ansprüchen feministisch, antinational, antiautoritär gegen die Festung Europa und den gesellschaftlichen Rechtsruck sowie den Akteur*Innen, die ihn vorantreiben, ein.
2. Was bedeutet „Mitmachkampagne“ in diesem Kontext?
Tina Meyer:
Die einzelnen Ablegergruppen haben unter dem Namen Nika die Möglichkeit, sich selbstorganisiert z. B. gegen Rassismus und Nationalismus einzusetzen und die Plattform nationalismusistkeinealternative.net zu nutzen, um ihre Arbeit nach außen zu tragen. Dabei sollen linke Kämpfe zusammengebracht und die Möglichkeit zum gemeinschaftlichen Austausch geschaffen werden.
Dennis Schreiber:
Die Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ hat somit eine Möglichkeit für eine Selbstorganisierung geschaffen, um aktiv das politische Geschehen mitzugestalten.
Alex Hoffmann:
Mitmachkampagne bedeutet – im Prinzip kann jede und jeder (auch unorganisierte Aktivist*Innen) anlassbezogen das Label „Nika“ nutzen um öffentlichkeitswirksame Aktionen zu starten oder Aktionen in den Kontext einzubetten. Idealerweise können so viele kleine Aktionen von vielen kleinen Menschen unter einem Motto („Nika!“) stattfinden. Die öffentliche Wahrnehmung der Aktionen wird so erhöht und Repressionen gegen Aktivist*Innen schwieriger, da konkrete Aktionen nicht einzelnen Personen zugeordnet werden können — in der Realität bleiben wir ehrlicherweise wohl hinter diesem Anspruch zurück.
3. Was sind eure Schwerpunkte in der politischen Arbeit?
Dennis Schreiber:
Die Schwerpunkte unserer politischen Arbeit sind sehr unterschiedlich und werden von den Menschen bestimmt, die in Nika Sachsen sich einbringen, derzeit sind es die Thematiken Feminismus, Antifaschismus und die Solidarität mit emanzipatorischen Bestrebungen.
Tina Meyer:
Momentan machen wir Aktionsmonate zu verschiedenen Thematiken. So konzentrieren wir uns gerade besonders auf das Thema Feminismus, es folgen z. B. Antisemitismus und Antirassismus. Aber natürlich vernachlässigen wir dabei auch nicht aktuelle Themen wie beispielsweise die Protestbewegung in Hongkong, die ständigen Abschiebungen von geflüchteten Menschen oder die Querdenken-Bewegung.
4. Was unterscheidet euch gegenüber anderen Nika Ablegern in anderen Städten/Bundesländern? Beziehungsweise gibt es überhaupt Unterschiede?
Kili Reeber:
Starke Unterschiede gibt es jetzt nicht. Natürlich sind die Themen, mit denen sich eine jeweilige Nika-Gruppe beschäftigt, von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich, aber an sich gibt es keine stark abweichenden Unterschiede. Was uns ggf. von anderen Nika-Gruppen differenziert, ist, dass wir uns z.b. auch Thematiken wie Hongkong annehmen. Also Thematiken, die von den anderen Nika-Gruppen eher gemieden werden.
5. Inwiefern bringt Nika Sachsen sich in Kämpfe ein und welche sind das?
Kili Reeber:
Unsere Praktiken sind sehr verschieden. Es kommt immer drauf an, was wir erreichen wollen und was die beste Möglichkeit ist, dies umzusetzen. Wir bringen unsere Standpunkte und unsere Wut einerseits mit Demos/Aktionen auf die Straße und schaffen so Aufmerksamkeit für wichtige Themen. Andererseits liefern wir über Soziale Medien weitere Informationen, um andere Menschen über diese Thematiken aufzuklären und Lösungen (falls diese noch nicht vorhanden sind) zu finden.
Tina Meyer:
Wir versuchen auf alle Fälle auch Aufmerksamkeit auf aktuelle Themen, die uns beschäftigen, mit Aktionen jeglicher Art zu bringen.
Leonard Holzmann:
Wir bringen uns auf Demonstration ein und organisieren auch selber welche. Von angemeldet bis spontan ist alles dabei. Gleichzeitig nehmen wir uns aber auch mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen die Straße und schaffen damit Aufmerksamkeit. Zudem bespielen wir auch Twitter und verbreiten über diese Plattform unsere Inhalte.
6. Welche Kämpfe führt ihr und welche gewinnt ihr?
Kili Reeber:
Das ist unterschiedlich. Die Leute die in der Gruppe sind, entscheiden welche Themen behandelt werden. Es ist also sehr wechselhaft.
Dennis Schreiber:
Die Kämpfe die wir führen oder an denen wir uns beteiligen sind sehr unterschiedlich, es reicht von klassischen Thematiken wie Antifaschismus und Feminismus. Bis hinzu dem Sichtbar machen von weniger relevanten Themen innerhalb der Gesellschaft, wie Sozialdarwinismus und Obdachlosenfeindlichkeit.
7. Welche besonders positive und/oder besonders negative Erfahrungen habt ihr gemacht?
Kili Reeber:
Bei der Eu-China-Demo dieses Jahres gab es ein völlig überzogenes Polizeiaufgebot. Unter anderem waren an diesem Tag 110 Zivil-Cops im Einsatz. Das sticht besonders bei den negativen Erfahrungen hervor.
Leonard Holzmann:
Positiv hervorzuheben sind unsere Aktionen und Inhalte über sexualisierte Gewalt. Dieses Jahr haben wir für diese Thematik viel Aufmerksamkeit geschaffen.
Negativ war das antisemitische motivierte Vorgehen gegen mich bei der Kundgebung (21.12.2020) bezüglich des Halle-Prozesses. Bei dieser Kundgebung wurde ich von einer Person antisemitisch angegangen.
8. Was macht Nika Sachsen für euch attraktiv, dass ihr euch darin organisiert?
Kili Reeber:
Nika Sachsen ist eine antiautoritäre solidarische Gruppe mit einer sehr angenehmen Atmosphäre. In Nika Sachsen sind Menschen mit verschiedenen politische Strömungen aktiv. Und besonders die Diskurse die es innerhalb der Gruppe gibt, bringen uns weiter.
Tina Meyer:
Für mich sind die Diversität an Thematiken und die Bandbreite an Aktionsformen Gründe mich bei Nika zu organisieren. Außerdem schätze ich den solidarischen Umgang miteinander und die Diskurse zwischen den einzelnen Aktivist*Innen.
Dennis Schreiber:
Was ich als sehr positiv empfinde ist, dass es innerhalb unserer Struktur eine gute Mischung aus Theorie und Praxis gibt. Zu jeder Zeit wird das Geschehene reflektiert und es gibt immer Raum für Kritik!
Leonard Holzmann:
Was mir bei Nika Sachsen gefällt ist, dass wir auch Themen ansprechen, die sonst gesellschaftlich kaum eine Bedeutung finden, so zum Beispiel die Themen Femizid, sexualisierte Gewalt und Obdachlosenfeindlichkeit.
9. Wie können sich Menschen bei euch politisch einbringen und gibt es da bestimmte Voraussetzungen?
Kili Reeber:
Um sich einzubringen, muss man sich einfach bei unseren Plena einbringen, schreibt uns dafür einfach über Twitter oder E-Mail an.
Dennis Schreiber:
Es gibt keine bestimmten Voraussetzungen, um sich bei uns mit einzubringen, wichtig für uns ist ein solidarischer Umgang untereinander und dass sich keine*r diskriminiert oder ausgegrenzt fühlt.
10. Was waren eure politischen Höhepunkte im Jahre 2020?
Kili Reeber:
Höhepunkt des Jahres war für mich eindeutig unsere antiautoritäre Demo
„Storm the Fortress-Break all Borders“ bezüglich des Eu-China-Gipfels,am 12. September. Nach monatelanger kraftzehrender Planung konnten wir endlich unsere Demonstration wie geplant durchführen.
Leonard Holzmann:
Höhepunkte für mich waren dieses Jahr unsere Aktionen bezüglich den Thematiken Hongkong, Feminismus/sexualisierte Gewalt und Antisemitismus. Da diese Themen auch in der radikalen Linken gerne totgeschwiegen werden, ist es umso wichtiger darauf aufmerksam zu machen.
Dennis Schreiber:
Im Zentrum der politischen Arbeit 2020 stand die antiautoritäre Demonstration „Storm the Fortress – Break all Borders“, die wir trotz Absage des EU-China–Gipfels in Leipzig am 12. September erfolgreich auf die Straße getragen haben. Ein weiterer Höhepunkt war noch unser Block gegen jeden Antisemitismus auf der Kamal K – Gedenkdemonstration am 24. Oktober.
Tina Meyer:
Neben den größeren und kleineren Aktionen im öffentlichen Raum sehe ich auch die kritische Auseinandersetzung mit feministischen Themen wie z. B. das Interview über sexualisierte Gewalt und der Umgang damit innerhalb der radikalen Linken als wichtigen Punkt unserer diesjährigen Politarbeit an.
11.Wie geht ihr mit der derzeitigen Situation aufgrund von Corona um?
Kili Reeber:
Um niemanden zu gefährden führen wir derzeit keine Veranstaltungen durch. Stattdessen setzen wir auf Informationen über soziale Medien um so Leute zu erreichen. Trotz Corona lassen wir es uns aber nicht nehmen, die Straße zu beanspruchen. Z. B. führen wir mit wenigen Leuten (um Infektionen so gering wie möglich zu halten) im öffentlichen Raum Aktionen durch. So wollen wir auf bestimmte Themen aufmerksam machen.
Tina Meyer:
Wir sind uns unserer Verantwortung, das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten bewusst und versuchen immer genau unsere Aktionen abzuwägen. So haben wir auch mehr alternative Aktionen wie Bannerdrops und Mahnwachen gemacht. Dennoch ist es für uns auch in dieser Zeit wichtig, die Straße zu nehmen (mit Abstand und Masken!) um unsere politischen Standpunkte mit Nachdruck nach außen zu tragen.Wir versuchen aber auch die Zeit für andere Projekte zu nutzen, um z. B. Stimmen von Menschen durch Interviews eine Plattform zu geben, die sonst eher nicht gehört werden.
12.Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Kili Reeber:
Ich wünsche mir innerhalb der radikalen Linken eine stärkere Auseinandersetzung mit feministischen Themen und die Reflektion des eigenen Verhaltens. Wir können nicht die ganze Zeit von Feminismus reden und dabei selber übergriffig und/oder tätersolidarisch sein. Die radikale Linke muss ein SafeSpace werden.
Dennis Schreiber:
Für die Zukunft wäre eine größere Auseinandersetzung mit autoritären Staaten wie China, Iran, Türkei etc. innerhalb unserer Strukturen und das Ausleben einer kritischen Solidarität in Bezug auf emanzipatorische Bestrebungen auf der ganzen Welt sehr erstrebenswert und somit positiv!
Tina Meyer:
Um alles niederzuschreiben, was ich mir politisch für die Zukunft wünsche, reichen diese Zeilen hier nicht aus. Ich denke ein guter Start wäre eine selbstkritische Auseinandersetzung jede*r mit sich selbst mit den tief in unserer Gesellschaft verankerten strukturellen Problemen, insbesondere -ismen jeglicher Art wie: Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homo- und Transphobie sowie vielen Weiteren.
Leonard Holzmann:
Ich wünsche mir, dass wir in der Zukunft genauso aktionsreich auf bestimmte Thematiken aufmerksam machen und über diese informieren. Besonders am Herzen liegt mir die Thematik sexualisierte Gewalt und den Umgang damit.