Nika Hamburg ruft zu einer Demonstration gegen den „Tag der deutschen Einheit“ am 3. Oktober in Hamburg auf.
Während die alljährliche schwarz-rot-goldene Partymeile zum „Tag der deutschen Einheit“ in Berlin einen los macht, werden wir benennen, dass die Gegner*innen einer freien und solidarischen Gesellschaft sowie die Wegbereiter*innen des autoritären Staates nicht nur am rechten Rand sitzen, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft.
Auch an diesem 3. Oktober werden Medien, Staat und Parteien wieder beschwören, was Deutschland doch für ein weltoffenes Land sei. Eine Behauptung, die zynischer kaum sein könnte. Was gibt es hierzulande zu feiern? Den völkischen Mob? Hunderte rassistische Morde seit 1990? Die Militarisierung der Innenpolitik, wie sie zum Beispiel in den neuen Polizeigesetzen in Bayern, NRW und Niedersachen zum Ausdruck kommt – dem schärfsten Polizeigesetz seit 1945?
Wir finden: Deutschland ist kein Grund zu feiern!
Gegen die Festung Europa und ihre Fans
Anders als es die Bundesregierung darstellt, sind die Toten im Mittelmeer keine Naturkatastrophe, sondern blutiges Ergebnis politischer Entscheidungen. Seit Anfang des Jahres sind bereits über 1500 flüchtende Menschen im Mittelmeer ertrunken. Die Staaten der Europäischen Union wären sehr wohl dazu in der Lage, das Sterben im Mittelmeer zu beenden, doch fehlt der politische Wille. Die EU riegelt stattdessen unter deutscher Vorherrschaft die europäischen Außengrenzen militärisch ab. Hilfsorganisationen wie „Sea Watch“, die im Mittelmeer zivile Seenotrettung betreiben, werden sabotiert, diffamiert und vor Gericht gezerrt. Es wird unmissverständlich klargestellt: Geflüchtete sollen höchstens dann bleiben dürfen, wenn sie wirtschaftlich „nützlich“ sind.
Deutschland ist bei all diesen Widerwärtigkeiten ganz vorne mit dabei. Vermeintlich getrieben vom Druck der AfD, sind es vor allem die großen Volksparteien von CDU/CSU, über die SPD, bis hin zu den Grünen, die dem Ruf rechter Demagog*innen und des deutschen Mobs folgen und in die Realität umsetzen. Neu ist das nicht. Bereits in den 1990er Jahren war es nicht die extreme Rechte, die die Verschärfung des Asylrechts umsetzte, sondern CDU/CSU und FDP, die mit den Stimmen der damals oppositionellen SPD das Grundrecht auf Asyl faktisch abschafften. Heute sind es wieder SPD und CDU, die die autoritäre Formierung mit Asylrechtsverschärfungen und neuen Gesetzen, die unter anderem der Bullen polizeistaatliche Befugnisse verleihen, während sie im Bundestag große Reden gegen die AfD schwingen.
Deutsche Zustände
Während die bürgerlichen Parteien sich als Verteidiger*innen der Demokratie aufspielen und damit de facto rechtspopulistische Positionen vorantreiben, formiert sich der Mob. In ganz Deutschland brennen wieder Unterkünfte geflüchteter Menschen und hinter dem Ruf „Wir sind das Volk“ versammeln sich auch rechte Schlägerbanden. Gerade in den letzten Wochen konnten wir unter anderem in Chemnitz und Köthen gut beobachten, zu welchen Mitteln sie in Zeiten wie diesen zu greifen bereit und in der Lage sind. Ein Blick in die Vergangenheit kann uns Hinweise auf die Zukunft geben: Bereits Anfang der 90er brannten in Deutschland unzählige Asylunterkünfte. Die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda haben damals schon gezeigt, welche Wirkmächtigkeit Nationalismus und völkische Ideologie in Deutschland immer noch haben. In diesem Klima entstand der NSU. Rassistische Morde und rechter Terror konnten in nationalem Taumel und rassistischen Exzessen gedeihen.
Das bürgerliche Lob auf die Nation und das Grölen des rechten Mobs sind keine unbedingten Gegensätze, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille. Die nationalistische Verklärung des vermeintlichen Zusammenwirkens von Staat, Volk und Kapital zum Wohle jede*r einzelnen Staatsbürger*in, birgt immer auch die Abwertung all derjenigen, die ausgeschlossen werden. Dabei geht es nicht um die Verbesserung der eigenen Lebenssituation, sondern um das autoritäre Verlangen, dass es „den Andren“ wenigstens schlechter gehen soll. Es offenbart sich eine Symbiose aus Rassismus, kapitalistischer Verwertungslogik und Nationalismus, die gepaart mit Antifeminismus und Antisemitismus nicht ohne Grund schon einmal den Weg in den Nationalsozialismus geebnet hat.
Für etwas Besseres als die Nation!
Angesichts dieser Verhältnisse ist Deutschland definitiv keinen Grund zu feiern. Nationalismus ist keine Alternative. Und erst recht ist er keine Antwort auf den berechtigten Hass über die bestehenden Verhältnisse.
Lasst uns unseren unversöhnlichen Widerstand gegen diese Zustände auf die Straßen Hamburgs tragen. Lasst uns nicht tatenlos zusehen, wenn sich der deutsche Mob formiert.
Lasst uns am 3. Oktober gemeinsam gegen Staat, Nation und Kapital demonstrieren. Für eine solidarische Gesellschaft jenseits von Rassismus, Antisemitismus und Verwertungslogik.
Für eine Gesellschaft, in der alle unabhängig von Herkunft und Geschlecht leben können wie sie wollen. Für eine Gesellschaft ohne Grenzen und Pässe. Für eine Gesellschaft, in der alle haben was sie brauchen und wollen.
Hamburg | 3. Oktober | 13 Uhr | Heidi-Kabel-Platz (HBF)
Nie wieder Deutschland!
Nationalismus ist keine Alternative Hamburg
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