Aktivist*innen versammeln sich spontan vor dem Hamburger Redaktionssitz der „Zeit“
+ Symbolisch wurden Rettungswesten im Foyer abgelegt
+ In Redebeiträgen forderten sie ein Ende der Kriminalisierung zivilen Seenotrettung
Hamburg. Als Reaktion auf die Eröffnung einer „Pro“- und „Contra“-Diskussion zur zivilen Seenotrettung von flüchtenden Menschen in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“, versammelten sich am heutigen Montagvormittag spontan Aktivist*innen mit dem Transparent „Es gibt kein CONTRA zur Seenotrettung – Gegen die Festung Europa und ihre Fans“ vor dem Redaktionssitz im Helmut Schmidt-Haus in Hamburg. Im Rahmen der Aktion des Bündnis Nationalismus ist keine Alternative [NIKA] wurden Flugblätter verteilt, Redebeiträge gehalten und symbolisch Rettungswesten im Eingangsbereich des Verlagsgebäudes abgelegt. Außerdem brachten die Aktivist*innen ein Transparent an mit der Aufschrift: „Fähren statt Frontex“.
In der am vergangenen Donnerstag erschienen Ausgabe der Wochenzeitung wurde unter der Überschrift „Oder soll man es lassen?“ eine Debatte zum „Pro“ und „Contra“ eröffnet zu der Frage, ob zivile Seenotretter*innen ertrinkenden Flüchtenden das Leben retten dürfen. Im Rahmen des „Contra“-Artikels wurde die Verantwortung für die Fluchtbewegung über das Mittelmeer bei den Lebensretter*innen gesucht und ihnen in diesem Zuge gar die Verantwortung für den europäischen Rechtsrucks vorgeworfen.
Dazu Aktivistin Laura Fink von NIKA Hamburg: „Zivile Seenotrettung darf nicht diffamiert, kriminalisiert und verhindert werden. Wir verurteilen es, dass diskutierbar gemacht werden soll, ob ertrinkende Flüchtende von NGOs aus dem Mittelmeer gerettet werden dürfen. Diese Debatte, die Ausdruck des gesellschaftlichen Rechtsruck ist, treibt die Entmenschlichung von Flüchtenden weiter voran. Das Retten von Menschenleben darf nicht zur Frage von politischer Opportunität werden. Die aktuelle Kriminalisierung von Lebensretter*innen muss sofort gestoppt werden. Nicht die zivile Seenotrettung trägt die Verantwortung, dass sich zahlreiche Menschen auf den Weg über das Mittelmeer machen, sondern die Europäische Union – allen voran Deutschland, welche aktiv an der Abschottung Europas arbeitet und die Flucht über sichere Fluchtrouten verhindert.“
Im „Contra“-Artikel der „Zeit“ wird Helfer*innen außerdem vorgeworfen, dass sie „durch den Verweis auf Menschenrechte“ den Diskurs vergiften. Klar ist: Wer sich dafür einsetzt, dass Menschen unabhängig ihrer Herkunft unveräußerliche Menschenrechte zustehen, vergiftet nicht den Diskurs. Den Diskurs vergiften Teile der Parteien- und Medienlandschaft, die derzeit überall in Europa rassistisches Vokabular und entsprechende Praxis salonfähig machen.
Dazu Laura Fink: „In den letzten vier Wochen sind bereits über 1000 Menschen ertrunken. Diese Toten sind kein Schicksal, sondern das Ergebnis einer Politik, die Menschenleben aus politischem Kalkül opfert. Wer zivile Seenotretter*innen, die tätig werden, weil staatliche Stellen sich einen Dreck um die Rettung schert, daran hindert, Menschenleben zu retten und wer zivile Seenotrettung kriminalisiert oder diffamiert, wird an dem Massensterben nichts ändern.
Wir fordern Fähren statt Frontex und ein Ende der Kriminalisierung von ziviler Seenotrettung.“