Samstag 30. April 2016
- Ab 7:00: Blockaden rund um AfD-Bundesprogrammparteitag in der Stuttgarter Messe
- 13 Uhr: Demonstration in der Innenstadt
Nach den Landtagswahlen am „Super Sonntag“ am 13. März bestätigte sich, was schon seit längerem erahnt wurde: Wir werden uns mit rechten Arschlöchern, egal ob AfD oder anderer Art, noch eine Weile beschäftigen müssen. Die Frage, ob eine rechte Partei oder Bewegung das vorhandene rassistische und autoritäre Potential der BRD aktivieren können würde, scheint vorerst beantwortet zu sein. Damit setzt sich auch hierzulande ein europäischer Trend fort, der in vielen Ländern des Kontinents reaktionäre Bewegungen unterschiedlicher Prägung in teilweise zentrale gesellschaftliche Machtpositionen gehoben hat. Als Zentrum des Krisenorkans war Deutschland bisher verschont vom Ausmaß rechter Mobilisierung an den Wahlurnen, wie dies beispielsweise in Frankreich oder Ungarn bereits länger der Fall ist. Diese Zeiten sind vorbei: Die Debatten der Mehrheitsgesellschaft sind im Zuge der Fluchtwellen von Armut und den Kriegen dieser Erde, die die Kehrseite des Wohlstands der Einwohner_innen der Festung Europa darstellen, extrem nach rechts gerückt. Der AfD kam dies entgegen: Nachdem sie im vergangenen Jahr als rechte Partei verschrien wurde, deren politische Laufbahn bereits beendet schien, und die dabei gleichzeitig immer weiter nach rechts gerückt ist, ist ihr die deutsche Mitte nun gefolgt, ohne dass sich die Partei groß auf diese zubewegen musste. Politiker_innen aller großen Parteien überbieten sich darin die AfD wortreich zu verdammen. Gleichzeitig konkurrieren sie jedoch darum, das autoritäre Wähler_innenreservoir, welches sich die AfD erschlossen hat, ebenfalls anzuzapfen. Dies geschieht, indem sie deren Inhalte teilweise übernehmen oder die Forderungen gleich praktisch umsetzen. Das derzeitige Erfolgsrezept der AfD ist eine Kombination aus einem Nützlichkeitsrassismus, der Flucht und Migration auf eine Kosten-Nutzenrechnung für den „deutschen Steuerzahler“ reduziert und einer völkischen Rhetorik, die mit immer weiteren inszenierten Tabubrüchen die Debatte kontinuierlich nach rechts verschiebt. Ob Frauke Petry zum Schusswaffeneinsatz gegen Geflüchtete an den Grenzen rät oder Björn Höcke öffentlich über die evolutionär bedingt unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien von Europäern und Afrikanern halluziniert: Der Lack einer bürgerlichen Fassade beginnt zu bröckeln, beholfen wird sich mit nachträglichen Distanzierungen. Offenbar gebärdet sich die AfD in all ihrem offensichtlichen Autoritarismus noch bürgerlich genug, um auch für große Teile der Bevölkerung im vermeintlich weniger rechten Westdeutschland attraktiv zu sein. Die zweistelligen Wahlergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz verdankt die AfD vermutlich dem Image, welches sie sich gerne gibt: Das Image einer rational rechnenden Partei, die als Anwalt der Bürger_innen, den ideologisch verblendeten Altparteien schonungslos die Schwächen ihrer Migrationspolitik vorhält. Wenn die „Flüchtlingsdebatte“ einmal erfolgreich auf die Kostenfrage zugeschnitten ist, lässt sich das rassistische Ressentiment mit größter Leichtigkeit als rationale Opposition verkaufen. Begleitet wird die rassistische Agitation von einem sexistischen Angriff auf die Selbstbestimmung von Frauen, die zunehmend in die Reproduktions- und Mutterrolle zurückgedrängt werden sollen.
Die neue deutsche Offenheit
Die etablierten Parteien und Institutionen helfen der AfD dabei massiv, indem sie ihr mit ähnlichen Positionen entgegen kommen. Ein Prozess, der der AfD keineswegs Anhänger_innen abspenstig macht, sondern nur rassistische Positionen innerhalb politischer Debatten normalisiert. Nützlichkeitsrassismus ist eine breit getragene Normalität (nicht nur) in der BRD und inzwischen offen artikulierbar. Die starke Zustimmung, die beispielsweise die Grünen bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg erfahren haben, ist dabei kein Grund zu der Entwarnung, auch wenn dies die Medienlandschaft erleichtert verkündet hat. Wenn der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in Interviews von Unterstützern erzählt, die aufgrund von neugebauten Asylunterkünften Angst um ihre blonden Töchter hätten, zeigt sich die neue deutsche Offenheit: Ein entspanntes, unverkrampftes Verhältnis der Deutschen zu ihrem Rassismus. Die Hilfsbereitschaft, in der sich das deutsche Bürgertum im vergangenen Sommer so gut gefiel, schrumpft und macht zunehmend einer stillschweigenden bis offenen Angst Platz, die eigenen Pfründe gegen die sich immer sichtbarer anmeldenden Betroffenen der eigenen Wirtschafts- und Interventionspolitik verteidigen zu müssen. Gegner der liberalen Wohlsituierten ist zunehmend nicht mehr die AfD oder die rechte Pegida-Bewegung, sondern die „PC-Polizei“, die dem braven Bürger verbietet, seine Ängste zu äußern. Institutionell findet dieser Prozess in der Abschottung der Grenzen gegen Flüchtende seinen Ausdruck. Mit der Schließung der Balkanroute, der Deklarierung selbst offensichtlicher Bürgerkriegsregionen wie Afghanistan zu sicheren Drittländern, oder der immer weiteren Vorverlagerung der eigenen Grenzsicherung bis in die autoritär regierte Türkei hinein, zeigt sich deutlich die Strategie der Regierung Merkel: Beibehalten des weltoffenen Images auf der internationalen Bühne bei gnadenloser Vollstreckung der angeblichen Sachzwänge. Diese Politik, die sich für Deutschland schon in der
Austeritätspolitik gegenüber Griechenland bewährte, zeigt sich nun in der zunehmend lückenlosen Abschiebung aller, die nicht aus dem syrischen Bürgerkrieg geflohen sind und daher nach der irren Logik der neuen deutschen Offenheit „Wirtschaftsflüchtlinge“ darstellen.
The answer is no!
Diese Zustände benötigen eine klare Antwort. Bisher ist die AfD von der radikalen Linken teilweise sträflich unterschätzt worden. Die Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ unternimmt nun der Versuch, der AfD, aber auch den bürgerlichen Rassist_innen organisiert entgegen zu treten. Den Rechtsruck zur Renovierung der Festung Europa und die Wiedererrichtung nationaler Grenzen in ihrem Inneren wollen wir stoppen. Wir rufen daher auf, zusammen gegen die AkteurInnen der Abschottung vorzugehen – und das gleich doppelt. Zum einen, indem wir die stärksten Kräfte des völkischen Nationalismus und sein organisatorisches Rückgrat angehen: Die vermeintlichen Biedermeier von der AfD, sowie die rechten Mobilisierungen auf der Straße, von Pegida bis zu zum III. Weg. Zum anderen wollen wir der Infrastruktur des Abschiebe- und Abschottungsregimes und seinen Profiteuren praktisch entgegentreten – auf der Straße, an den Zäunen, in den Ämtern, wo immer wir es treffen.
Für eine solidarische Gesellschaft, die keine Grenzen kennt!
It’s time for (more) action! Unser Plan für den 30.4.
Es gab bereits einen bundesweiten Aktionstag, an dem wir der AfD in bundesweit und dezentral gezeigt haben, dass ihr Eintreten für Rassismus und Abschottung mit uns nicht zu machen ist. Am 30. April werden wir daher in Stuttgart gegen die völkische Biedermeier-Elite auf die Straße gehen.
Ab 7:00 Uhr morgens geht es los: Blockade des AfD-Parteitags
Zusammen mit verschiedenen antifaschistischen und antirassistischen Bündndnissen haben wir uns das Ziel gesetzt den AfD-Parteitag an der Stuttgarter Messe zu verhindern und massenhaft zu blockieren. Als bundesweite Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ rufen wir dazu auf, die Blockaden zu nutzen, um rund um den Parteitag, die Konsequenzen aber auch solidarische Alternativen zu einer menschenfeindlichen Politik aus Nationalismus, Sexismus und knallharten Neoliberalismus sichtbar zu machen.
Ab 13:00 Uhr: Block gegen jeden Nationalismus auf der antirassistischen Großdemo
Wir beteiligen uns als eigener antiautoritärer, antinationaler Block.
Dem nationalistischen beschwören des Standorts Deutschlands und der Modernisierung der Festung Europa setzen wir, am Vortag des 1. Mai, die Alternative einer befreiten Gesellschaft jenseits von Staat, Nation und Kapital entgegen.
Gegen die Festung Europa und ihre Fans!