Vom 07. bis 12. September wird die Internationale Automobilausstellung (IAA) zum ersten Mal in München stattfinden. Neben einem klassischen Messeevent wird der veranstaltende Verband der Automobilindustrie (VDA) zahlreiche zentrale Plätze in der Münchner Innenstadt, sowie eine als Blue Lane bezeichnete Expressroute zwischen Messe und Innenstadt belegen. Gegen diese zurecht als Greenwashing Event bezeichnete Großveranstaltung kündigen verschiedenste Akteur*innen Proteste an. Auch wir als Kampagne gegen die Festung Europa und ihre Fans haben an der IAA einiges auszusetzen.
Ökologische, antikapitalistische oder auch Recht-auf-Stadt orientierte Argumente gegen die IAA haben andere bereits ausführlich formuliert (checkt zum Beispiel https://www.umsganze.org/sur-la-rue-la-plage/, https://nofutureiaa.noblogs.org/aufruf/ oder https://sand-im-getriebe.mobi/aufruf/). Auch aus einer antifaschistischen und antinationalen Perspektive gibt es genug Gründe gegen die IAA aktiv zu werden.
Das Auto – idealerweise mit Dieselmotor – spielt eine zentrale Rolle in der Mobilisierung unterschiedlichster rechter Akteure. So wirbt die AfD zur diesjährigen Bundestagswahl auf Plakaten mit Slogans wie „Ihr Auto würde uns wählen“, „Tempolimit für grüne Verbote“ oder direkten Schmähungen gegen zentrale Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung wie Greta Thunberg. Überhaupt ist auffällig, dass die Klimabewegung als ein zentrales Feindbild der AfD und anderer Rechter herhalten muss. Erwähnenswert ist auch die bereits in ihrem Namen verankerte positive Bezugnahme auf das Auto bei der obskuren rechten Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“, die im Kontext der aufkommenden Querdenken Demonstrationen im Frühjahr 2020 einige mediale Beachtung bekam.
Die Gründe für die rechte Fixierung auf das Automobil, beziehungsweise gegen die Klimabewegung im Allgemeinen, sind vielschichtig. Von Bedeutung dürften hierbei etwa historische Kontinuitäten der deutschen Automobilindustrie, oder auch Zusammenhänge von automobiler Fortbewegungsweise und autoritärer Persönlichkeit und/oder patriarchalen Männlichkeitsentwürfen sein.
Die Proteste gegen die IAA sind somit nicht nur eine gute Gelegenheit um unterschiedlichsten Rechten gehörig auf die Nerven zu gehen, sondern auch um praktische Solidarität mit der Klimagerechtigkeitsbewegung zu zeigen, die oft genug rechter Hetze, bis hin zu körperlichen Angriffen, ausgesetzt ist.
Die deutsche Automobilindustrie, deren Sprachrohr der VDA ist, trägt aufgrund ihrer Größe und der Vielzahl der ihr angeschlossenen Bereiche maßgeblich zur ökonomischen Stellung Deutschlands auf dem Weltmarkt bei. Auch wenn andere Entwicklungen und Phänomene ebenfalls ihren Anteil haben, ohne die wirtschaftlichen Umsätze der Automobilindustrie im Rücken wäre die Stellung Deutschlands als de-facto Hegemon der EU nicht denkbar. Die Folgen, die sich aus dieser Stellung in den letzten knapp zwei Jahrzehnten ergeben haben, sind bestens bekannt. Sei es ein zwangsverordnetes Kaputtsparen der öffentlichen Infrastruktur, beispielsweise in Griechenland, welches nicht erst bei den dortigen massiven Waldbränden vor kurzem zu Todesfällen geführt hat, oder die massive Aufrüstung der europäischen Außengrenzen, in deren Konsequenz jedes Jahr tausende bis zehntausende Refugees ihr Leben verlieren.
Auch auf einer vermeintlich unpolitischen, im weitesten Sinne popkulturellen Ebene trägt die deutsche Automobilindustrie zum Erstarken eines deutschen (Standort-)Nationalismus maßgeblich bei. Seit 2006 die Welt angeblich zu Gast bei Freunden war und abermillionen Deutsche plötzlich ihre Liebe zu schwarz-rot-goldenen Fähnchen entdeckten – wodurch verschiedenste Ekelhaftigkeiten, mit denen wir seither konfrontiert wurden, wie Pegida oder die AfD, überhaupt erst möglich wurden – vergeht kein nationalistisch geframtes sportliches Großevent, welches nicht durch Werbegelder der verschiedenen deutschen Automobilkonzerne ermöglicht würde.
Gründe um gegen die IAA auf die Straße zu gehen gibt es mehr als genug, Möglichkeiten glücklicherweise auch: Für den Zeitraum vom 09. bis 12. September ruft das Bündnis Sand im Getriebe zu Blockaden und massenhaften Aktionen zivilen Ungehorsams auf. Am Samstag, den 11. September findet eine Großdemonstration gegen die IAA statt, auf der es auch einen antikapitalistischen Block-IAA-Block geben wird. Außerdem findet vom 7. bis 12. September ein Mobilitätswende Camp mit vielfältigem Rahmenprogramm auf der Münchner Theresienwiese statt. Auf dem Camp wird es auch Anlaufstellen geben, an denen ihr euch über die verschiedenen Aktionen genauer informieren könnt. Werdet aktiv gegen die IAA und schließt euch den Protesten an!
Gegen den deutschen (Standort-)Nationalismus und die Autoindustrie, die ihn ermöglicht!