Die Europawahlen stehen an und dass die Fans von Vaterland, Faschismus und Ertrinkenlassen einen weiteren Sieg einfahren werden, ist quasi ausgemachte Sache. In der EU läuft es gerade ohnehin nicht so glatt. Großbritannien versucht sich der Freizügigkeit der EU-Arbeitskräfte zu entledigen, während sich Waren und Kapital weiterhin frei im EU-Binnenmark bewegen sollen und die Salvinihofers Nation und Heimatkitsch in Stellung bringen gegen „EUdSSR“ und Globalisierung. Am 19.5. soll unter dem Motto „Ein Europa für alle“ in vielen europäischen Städten gegen Nationalismus und Rassismus demonstriert werden, auch in München. Das finden wir erstmal gut, denn diejenigen, die sich dafür auf die Schultern klopfen, dass sie sich „von Kinderaugen nicht erpressen lassen“, haben wir eh schon lange auf dem Kieker. Wenn der nationalistischen Internationalen allerdings ein Patriotismus des liberalen Europa entgegengehalten wird, machen wir nicht mit und das nicht nur weil dieses Europa ein relativ exklusiver Club mit mörderischen Außengrenzen ist.
Gegen das herrschende Elend…
Die EU ist kein irgendwie menschenfreundliches postnationales Projekt und das sollte sie auch nie sein. Mit der EU als Staatenverband, in dem sich Güter und Arbeitskräfte „frei“, also ohne Zölle und Grenzkontrollen, bewegen sollen, ist ein Wirtschaftsraum entstanden, der sich dem eigenen Anspruch nach gegen Machtblöcke wie die USA und China behaupten will. Mit der Eurozone gibt es einen gemeinsamen Währungsraum von 19 EU-Staaten, der den Nationalstaaten eine bessere Integration in den Weltmarkt verschaffen soll. Politische Instrumente wie die Festlegungen von Leitzinsen, Wechselkursen oder Einfuhrzöllen, werden dafür an supranationale Institutionen abgegeben. Wem diese Machtverschiebung nützt, zeigte sich besonders deutlich an der sogenannten Euro-Krise ab ca. 2010. Nach Neubewertungen der Kreditwürdigkeit einiger v.a. südeuropäischer Staaten zwang die „Troika“, bestehend aus Europäischer Zentralbank, internationalem Währungsfond und Europäischer Kommission, beispielsweise Griechenland und Spanien zur Durchsetzung von Spardiktaten, bestehend aus massivem Sozialabbau, massenhaften Streichungen von öffentlichen Stellen und Privatisierungen. Insbesondere Deutschland übte durch seine ökonomische Macht Druck auf sogenannte Krisenländer aus, um die Austeritätsprogramme durchzusetzen – stets vor dem Hintergrund einer drohenden Staatspleite oder gar eines Ausschlusses aus der Eurozone. Die europäische Wettbewerbsfähigkeit wurde auf dem Rücken der Lohnabhängigen in Südeuropa saniert und Deutschland konnte seine Rolle als Europas Obermacker weiter ausbauen. Der Platzhirsch in der geografischen Mitte der EU kann bei hoher Produktivität mit relativ niedrigem Lohnniveau aufwarten und konkurriert die Anderen damit einfach platt. Diejenigen mit weniger Exporterfolg müssen importieren, zum Beispiel aus Deutschland und sich – weil es nichts geschenkt gibt – das Geld dafür leihen, zum Beispiel eben bei Deutschland. Parallel zu den Verheerungen der deutschen Wirtschaftsmacht feiert de
r „Exporteuropameister“ noch seine eigene „Mannschaftsleistung“ als Errungenschaft heimischer Produktivität: die eigene Wirtschaft wird zum Fluchtpunkt nationalistischer Identifikation und Selbstbeweihräucherung.
…und seine autoritäre Zuspitzung
Dient die EU nach innen vor allem zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, ist sie nach außen ein Projekt zur Absicherung des europäischen Reichtums. Militarisierte Außengrenzen und beschissene Lebensbedingungen für Geflüchtete und Abschiebungen sind dabei der Normalzustand, den die Akteur*innen des modernisierten Faschismus noch wesentlich verschärfen wollen. Der seit einigen Jahren anhaltende, weltweite Rechtsruck hat an den Grenzen Europas nicht halt gemacht. Unter anderem in Italien, Österreich, Ungarn und Polen sind radikal rechte und teilweise faschistische Kräfte an Regierungen beteiligt. Ein starker Anstieg der Zahl der auf der Flucht im Mittelmeer Ertrunkenen ist die direkte Folge des rechten Landgewinns. Die Kriminalisierung von Seenotrettung und die Unterstützung libyscher Milizen wird dafür sorgen, dass das Mittelmeer seinen Status als tödlichste Grenze der Welt so schnell nicht verliert – auch wenn die europäischen Regierungen längst erfolgreich daran arbeiten, die EU-Außengrenzen nach Nordafrika und in die Türkei zu verlagern. Diejenigen, denen all das immer noch nicht schnell genug geht, vernetzen sich über Landesgrenzen hinaus, um ihr Projekt eines „Europas der Vaterländer“ zu pushen. Bei allem Zwist und zwangsläufig widersprechenden (nationalen) Interessen, sind sie doch – über die rassistische Theorie und Praxis hinaus – in Vielem recht einig: von Klimawandelleugnung und Antifeminismus über den Rückbau sozialer und gesellschaftlicher Errungenschaften zum Erfolgsmodell der illiberalen Demokratie, in der ein Wirtschaftsstandort keinerlei Rücksicht auf Menschenrechtsklimbim und anderen Hemmnissen unterliegt. Der Rechtsruck geht einher mit einem ausufernden Autoritarismus und zunehmender Repression: Dort wird die Presse gleichgeschaltet, während hier repressive Polizeigesetze durchgepeitscht werden, welche mit schlafwandlerischer Zielgenauigkeit die ohnehin schon marginalisierten Personengruppen am härtesten treffen.
Aber während sich die Rechten connecten, tun das auch Diejenigen, denen etwas besseres vorschwebt, denn Ansatzpunkte gibt es genug: von den streikenden Schüler*innen über feministische Kämpfe zu den Auseinandersetzungen um lebenswerten Wohnraum für alle. Der schlechten Wahl zwischen der Abschottung gegen die „Überflüssigen“ und den offenen Grenzen der Just-in-time-Produktionsketten auf der einen Seite und den Blut-und-Boden-Phantasien der Stacheldrahtfreaks auf der anderen Seite, setzen wir eine Welt jenseits nationaler Spaltung und kapitalistischer Ausbeutung entgegen.
Gegen das Europa des Kapitals! Nationalismus ist keine Alternative!
Wir treffen uns um 11 Uhr am DGB-Haus (Schwanthalerstraße 64) um als gemeinsamer Block zur großen Demo am Odeonsplatz zu stoßen.